@(#) Nov 10 2012, 12:20:26
Das "Schwarzbuch Bahn" kann ich nur empfehlen, ein sehr umfangreich und gut recherchiertes, sehr flüssig geschriebenes Buch mit ganz erstaunlichen Details, die man so nicht erwartet (Christian Esser, Astrid Randerath, Schwarzbuch Deutsche Bahn; Bertelsmann, 2.Auflage 2010, ISBN 978-3-570-10036-3).
Was nicht verhindert, dass ich einige Erlebnisse aus zahlreichen ICE-Fahrten selbst aufschreiben möchte - sie sind keineswegs untypisch, aber eben doch aus erster Hand und nicht mediengefiltert.
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Gegenüber wird ein ICE mit einem zweiten abgeschleppt. Angezeigt wird eine Verspätung von 30 Minuten, es sind 40, bis er losfährt. Fast alle Züge haben mindestens 5 Minuten Verspätung angezeigt, in der Praxis werden es immer 10-15. Die Ansage ist meist nicht zu verstehen, weil leise und von den Loks übertönt. Es ist sehr heiß und schwül, der volle Bahnsteig ist eng, wie üblich gibt es kaum Sitzgelegenheiten.
Mein ICE nach Dresden wird mit 20 Minuten Verspätung angezeigt. Pessimismus macht sich breit, aber es ist mein letzter Zug für heute. Zwischendurch fährt ein anderer verspäteter Regionalzug ein. Dann wechselt wieder die Anzeige: vorderer Zugteil nach Leipzig, der hintere nach Dresden. Ich stehe hinten, im Wagen 22 habe ich reserviert.
Der ICE fährt 25 Minuten zu spät ein. Keine Nummernanzeige an der Außenseite im ersten Teil. Im zweiten plötzlich die Nummern oberhalb 30 - das sind die nach Leipzig? Richtig, auf der Anzeige sind plötzlich Dresden und Leipzig vertauscht! Ich renne wie so viele Reisende nach vorn, Andere rennen nach hinten. Im Wagen allgemeines Rätseln, welche Nummer er hat. Keine Anzeige funktioniert. Der Schaffner soll gesagt haben, es sei die 22, meinte jemand ... Glück gehabt, mein Wagen, auch mein reservierter Platz ist noch frei. Die Durchsage funktioniert aber: "Durch ein technisches Problem sind alle Anzeigen ausgefallen - bitte wenden Sie sich an das Personal."
P.S.: Heute (2.9.) erzählte mein Sitznachbar, dass das noch steigerungsfähig ist. Ein ICE sollte in einen Kopfbahnhof fahren und sich dort teilen, doch man merkte rechtzeitig - die Bahn ist eben helle -, dass dann genau der Teil, der weiterfahren soll, vorn stehen wird und nicht mehr heraus kann. Also fuhr man mit der einen Zughälfte in riesigem Bogen einmal um Mannheim herum, damit man am Ziel weiterkam. Auf der Anzeige steht dann in solchen Fällen z.B.: "Wagen 21-28 heute in geänderter Reihenfolge."
Zum mindestens vierten Mal in zwei Wochen fahren die Wagen eines ICE in "anderer" Reihenfolge als angegeben. Kleinstes Übel, denn der ICE von Mannheim war gekühlt und hatte nicht 25 Minuten Verspätung wie andere oder fiel ganz aus wie ein Zug ab Frankfurt.
Ich laufe also vor, wo ich meinen Wagen erwarte. Trick der Bahn: Die Wagen sind DOCH in richtiger Reihenfolge (double checked!). Also wieder zurück ... In Zukunft warte ich in der Mitte. Mal sehen, was die Bahn dann macht.
Mein Zug kommt 20 Minuten zu spät aus Dresden, was aber nicht stört, da er hier etwa 30 Minuten Aufenthalt hat. Wir warten auf einen anderen verspäteten ICE, fahren aber nur 5 Minuten zu spät los. Und gekühlt, das ist die Hauptsache.
Im Bistro laut Ansage stark eingeschränktes Angebot "wegen technischer Probleme". Stört mich wenig, als gelernter Bahnfahrer habe ich alles dabei.
In Dresden nur 20 Minuten Verspätung und keine ausgefallene Klima- anlage - was will ich mehr.
Ich war wieder etwas zu zeitig am ersten Bahnhof und fuhr eine S-Bahn eher von Heidelberg nach Mannheim. Züge vor uns auf dem gleichen Gleis vor Mannheim verursachten zwar keine dramatische Verspätung, ließen mich jedoch ahnen, dass die Idee mit dem einen Zug eher gar nicht so verkehrt war.
Im ICE von Mannheim nach Frankfurt ist die Elektronik in zwei Wagen ausgefallen - keine Anzeige von Wagennummer oder Platzreservierungen. Ich weiß aber trotzdem, wo mein Wagen ist (weil der hinter dem Bistro). Mehrere Signalstörungen vor Frankfurt lassen uns gut 15 Minuten auf freier Strecke verbringen. Doch ich habe ja eine Stunde Zeit zum Umsteigen. Auf der Anzeigetafel im Bahnhof sind in diesen 3/4 Stunden immer so 2-3 von 10 angezeigten Zügen *ohne* Vermerke wie Verspätung, umgekehrte Wagenreihenfolge oder fehlende Wagen zu sehen.
Auch bei meinem Zug werden acht Wagen nicht eingesetzt, doch mein reservierter Platz ist im real existierenden Teil. Die Fahrgäste der virtuellen Wagen stürmen den Zug und müssen sich laut Ansage selbst freie Plätze suchen, die erfahrungsgemäß bis Erfurt knapp sind.
Diesmal ging alles glatt. Das gibt es auch und muss hier einmal gesagt werden. Dann macht Zug fahren richtig Spaß und ist viel erholsamer als Auto fahren :-)
In zwei Monaten hatte ich nun etwa 40 ICE-Fahrten halbwegs schadlos überstanden (so weit man das bisher Erlebte als Normalität toleriert), und in den letzten Wochen ging sogar fast alles gut. Das heißt eigentlich: Alarmstufe Rot, die Bahn sammelt ihre Energie für ein größeres Vorkommnis mit mir.
Dieses Vorkommnis trat nun heute, am 2. September, in Kraft, und wie immer dort, wo man es am wenigsten erwartet. Von Mannheim nach Frankfurt fährt man reichlich eine halbe Stunde, und wenn ich dabei noch zum Arbeiten kommen will, muss ich mich beeilen (und die anderen Fahrgäste mit den großen Koffern, die immer so lange in den Gängen warten müssen, ebenfalls).
Wir waren noch nicht ganz aus Mannheim heraus, an irgendeiner Brückenbaustelle, als der Zug wieder einmal auf freier Strecke hielt. Das macht er regelmäßig, vermutlich bisher auf jeder Fahrt, meist mehrfach.
Der Zug hielt recht lange. Auch das nichts Neues. Ich war mit Arbeit beschäftigt. Dann kam aber die Ansage des Zugführers: Wir haben hier einen Triebwerksschaden und werden uns um etwa 15-20 Minuten verspäten. Wir werden Frankfurt-Flughafen voraussichtlich 17.41 erreichen (nicht etwa "ca. 17.45" oder ähnlich). Na gut, das werden dann 40 Minuten Verspätung, aber ich habe 65 Minuten Zeit zum Umsteigen in Frankfurt, um den letzten Zug nach Dresden zu erreichen (der kluge Mann baut vor). Obwohl - Triebwerksschaden: Das klang böse, und ich wusste vom vorgeschriebenen Optimismus der Bahnmitarbeiter.
Die Zeit lief und lief, mir schwante nichts Gutes. Es roch nach Zwischenübernachtung. Eine der Durchsagen lautete: Wir haben hier einen Schaden, den wir selbst nicht beheben können (draußen zog gerade ein älterer Eisenbahner mit Kippe im weit heruntergezogenen Mundwinkel zwischen den Schienen vorbei, ein "Notfallmanager" stand telefonierend in der Gegend) - kurzum, wir warten auf einen zweiten Lokführer, damit beide Zugteile getrennt nach Köln fahren können. Auf dem Display "In Kürze erreichen wir Frankfurt-Flughafen, Ausstieg rechts". Rechts stand aber noch niemand. Wo bleibt Ihr Optimismus, meine Damen und Herren?!
Und dann war heilige Ruhe. Der Strom ging aus - mein Notebook meldete es zuerst -, dann das Licht, und mit der Zeit auch die Luft. Ich beschloss angesichts zahlreicher Berichte, schnell noch eine Toilette aufzusuchen. Ich war der Letzte, der sie noch sauber benutzen konnte, denn die Spülung funktionierte ebenfalls nicht mehr. Ohne Strom nichts los im ICE. Auf dem Fußboden saßen überall Leute herum, wie üblich.
Strom war alle, Information und Hoffnung auch, und vor allem wurde die Luft langsam wirklich knapp. Man kommt ja nicht heraus aus dieser Röhre, wenn man keine Scheibe einschlägt (das soll 200 Euro kosten). Mir verging die Lust zum Arbeiten.
Die Luft wurde immer dicker, die Leute verpassten reihenweise ihre Flieger und telefonierten hektisch herum, aber insgesamt war die Stimmung einfach prächtig. In der Not ist nichts von sozialer Kälte zu spüren. Der Galgenhumor schweißt Manager, Chinesin, Globetrotter und Teenager zusammen. Aber Lachen verbraucht auch Sauerstoff. Der wurde immer knapper, und wir waren eingesperrt.
Ein nervtötender, lauter Pfeifton kam von hinten und hielt mindestens minutenlang an. Niemand mehr da, der helfen konnte. Der Schaffner war geflüchtet :-)
Es wurde langsam aber sicher unheimlich. OK, bevor ich ersticke, schmeiße ich für 200 EUs die Scheibe ein, das sollte mir der Spaß wert sein. Wir standen nun schon 2 Stunden herum. Plötzlich eine Ansage: "Die Spannung reicht leider nicht, um die ... äh, internen Anlagen zu versorgen" (das Wort "Belüftung" darf wahrscheinlich seit Sommer 2010 nicht mehr erwähnt werden) - "wir bekommen den Stromabnehmer nicht hoch" (Zwischenruf: "Haben die keine Kurbel??") - "we will do our best, Miss Sophie" oder so ähnlich. Knacksen, Ruhe. Pause.
Wieder Knacksen, nichts.
Knacksen, nächste Ansage: Wir kommen hier nicht zurecht (sinngemäß) und müssen den Zug evakuieren. Wir versorgen Sie rechtzeitig mit weiteren Informationen. Es wird in etwa 15 Minuten so weit sein. Und wieder Ruhe.
Dann: "In 5-6 Minuten fährt der ICE 514 auf ein Nebengleis und wird die Fahrgäste übernehmen. Wir teilen Ihnen noch mit, auf welches. Bitte bewahren Sie Ruhe." Allgemeines Gelächter.
Aus 5 Minuten wurden natürlich 30 (der Fahrgast gegenüber, der seinen Flieger auch verpasste, erfuhr aus dem Netz, dass der ICE 514 ohnehin mit 30-40 Minuten Verspätung gemeldet ist, also gar nicht pünktlich sein konnte). Züge fuhren langsam vorbei, aber weiter - das Gejohle der Fahrgäste verstummte dann jedes Mal aufs Neue.
Schließlich - ein Wunder! Ein Zug hält neben uns, hinter uns wird schließlich eine Tür geöffnet! Natürlich pfiff da gleich wieder eine andere Alarmanlage los und piepste ständig, weil ein Mitarbeiter die Tür aufhielt (anscheinend lässt sich das nicht abstellen, oder es weiß keiner, wie).
Aussteigen war natürlich noch nicht drin, denn man hatte uns doch noch gar nicht offiziell mitgeteilt, auf welcher Seite der andere Zug halten soll.
Strom war auf einmal wieder da, jedoch keine Luft.
Sei es, wie es sei, wir durften letztendlich eine Leiter hinab- und auf der nächsten Leiter in den Nachbarzug wieder hochsteigen. Evakuieren fetzt. Während wir aus Wagen 31 ausstiegen, stöhnte eine sichtlich gestresste Zugbegleiterin stockend und mit weinerlicher Stimme durch die Lautsprecher, dass wir uns alle zum Wagen 33 begeben sollten, um dort den Zug zu wechseln - und unbedingt Ruhe bewahren! Wir bewahren.
Im neuen Zug war es kühl, der Gang deutlich breiter, die Sitze waren größer - und es war sogar noch ein Sitz frei. Hurra. Ach so? Erste Klasse ... mein Nachbar fuhr wohl auch 2. Klasse, aber wer wollte hier noch bis Frankfurt kontrollieren, wo doch vorn auf dem Display prangte: "Wir begrüßen die in Frankfurt zugestiegenen Gäste!" Der Einfallsreichtum des Unternehmens Zukunft ist unerschöpflich. Es hätte eigentlich heißen müssen "Wir begrüßen die hereingekrabbelten Gäste!".
Also, irgendwie waren alle ganz locker drauf und sehr gesprächig. Ich begriff, warum der Kapitalismus Katastrophen braucht.
Und was war eigentlich los gewesen? Druckabfall in einem der viele Schläuche, die u.a. die Wagen koppeln (ich zählte einst 7 davon an der Kupplung - wie mag so etwas Kompliziertes wohl im Winter funktionieren?). So weit die privaten Informationen eines Bahnmitarbeiters.
In Frankfurt erfolgte der eindringliche Hinweis, sich die Verspätung im Servicecenter (bei diesem Wort kommen mir so allerhand dumme Gedanken) bescheinigen zu lassen. Das waren nun gut über 3 Stunden Verspätung für die kürzeste Teilstrecke meiner Fahrt.
Ich hatte anderes im Kopf als einen dieser riesigen Fragebögen für teilweise Fahrgeldrückerstattung auszufüllen, doch vor mir standen gar nicht wenige Leute, die ebenfalls Ziele hatten. Irgendwann kam ich dran, und man wollte mich in zwei Minuten (!) nach Leipzig schicken - da kann ich doch gleich hier ein Hotel nehmen, dort ist nämlich nichts mehr los nachts um 1 Uhr! Gleis 5 ... ich renne also scheinheilig hinunter, wo ein Zug gerade abfährt. Wäre aber sowieso nichts gewesen, denn der fuhr nach München, nicht nach Leipzig. Also wieder hoch.
Wie ich später merkte, wollte man mich auf eine fast 11stündige Reise schicken: 4 Stunden Wartezeit von 1 bis 5 Uhr nachts in Leipzig und dann weitere 2 Stunden Zuckelei mit dem Regionalexpress nach Dresden.
Der Servicecenterkundenbetreuer stöhnte - ja, ich muss einen Moment warten. Mache ich gern, ich freu' mich schon. Und richtig, es gibt einen Taxi- und Hotelgutschein.
Ab durch den langen Gang zum Flughafen, Busse gefunden, aber nicht den Shuttlebus zum Hotel Steigenberger. Steht doch drauf: Taxigutschein. Schön, doch der Taxifahrer braucht einen Beleg ... und den Schein benötige ich noch für das Hotel. Die 6.50 Euro drücke ich locker ab, das ist mir der Abend wert.
Oh ja, das Hotel ist das richtige für Bahnkunden. Meine Suite dürfte vermutlich das Dreifache meiner Fernfahrkarte ohne Bahncard 50 kosten. So richtig schick, wie ich es nur als Fachjournalist bei großen internationalen Kongressen genießen durfte, mit persönlicher Begrüßung über den Fernseher, Teekocher mit Tee und so weiter. Alles ist groß, blitzsauber, funktioniert und wackelt nicht. Unter den zahllosen Fernsehsendern findet sich Al Jazeera. Ich weiß nicht, mir war an diesem Abend danach. Der Sender fügt sich harmonisch ein ins Erlebte, obwohl ich kein Wort verstand. Die Alis und Aliinnen waren aber auch zu schön anzusehen. Und ich verstand nun das Stöhnen des Servicecentristen. Bei diesem Hotelpreis.
Abenteuer Bahn? Nein, gewusst wie: Ab und zu mal evakuieren lassen, dann gibt es auch ein richtig gutes Frühstück. Das war Sonderklasse, obwohl ich in den letzten Jahren mehrfach in großen Luxushotels wohnen durfte.
Thank you for travelling, Deutsche Bahn.
Ich habe eine neue Taktik. Die der kleinen Pannen. Es darf nicht alles glatt gehen. Dafür passiert nichts Katastrophales.
Heute sah das so aus: Bis Frankfurt gab es ein Wagenringelreihenspiel. Das heißt: Wagen heute in umgekehrter Reihenfolge, aber für beide Zugteile einzeln (man hätte ja auch schreiben können "geänderter Reihenfolge", doch heute war Service angesagt).
Von der Frankfurter Anzeigetafel ersah ich, dass mein Zug heute ohne die Wagen 24 und 26 fahren wird. Kein Problem für mich, denn ich saß im Wagen 21. An allen Sitzplätzen leuchtet zwar "ggf. reserviert", weil die Reservierungssoftware ausgefallen war, aber ich wusste ja, dass ich auf der 65 sitzen würde.
Das dachte von sich auch einer der Herren, die in Eisenach zustiegen - endlich wieder mal eine Doppelbuchung! Sie hatten ihre Tickets am Schalter gekauft, und der schien doch nicht so richtig online zu sein. Kein Problem, es war genug Platz für uns alle da.
Bis Leipzig hatten wir verdächtig wenig Verspätung. Als Ausgleich dafür fuhr nun unser Zugteil wider Erwarten nicht weiter nach Dresden. Es dauerte zwar ein wenig, bis wir herausfanden, dass es wirklich gerade unser Zugteil war ("der vordere" ... eigentlich saßen wir doch im vorderen Teil), doch in Leipzig bestand kein Zweifel: alles strömte in die gleiche Richtung.
Die ersten freien Plätze nach dem Bistro traute sich wohl keiner zu nehmen, ich krallte mir einen. Leider war dort der Strom der Ansage noch sehr frisch. In nicht zu überhörender Lautstärke erfuhr ich nun zum fünften Mal, dass uns Simone Palitzsch heute betreuen wird. Und dass es im Bistro ein besonderes Angebot gibt - so lange der Vorrat reicht: Cola, Fanta, Sprite (die anderen Getränke habe ich vergessen), 0.3 Liter ... nein, nicht etwa umsonst, aber für nur 1.90 Euro. Zum Glück war es zu spät für kulinarische Angebote, sonst hätten wir auch noch das Menü in voller Dröhnung ertragen müssen.
Die richtige Katastrophe kam am bitteren Ende: 8 Minuten zu früh im Bahnhof Neustadt. Ich fürchtete schon wieder, nachzahlen zu müssen (denn bei Verspätung zahlt die Bahn, also wären eigentlich wir Fahrgäste ihr bei Verspätung etwas schuldig). Wieder stand niemand da zum Abkassieren.
Also alles in allem eine ganz normale Bahnfahrt. Viele kleine Pannen, doch keine gewichtige. So kann es weitergehen. Es macht Spaß und wird nicht langweilig.
Dass "es wieder losgeht", kündigte sich bereits am 9.11. auf der Hinfahrt an: Wir waren plötzlich bei Halle und in Merseburg; keine Ahnung, wie wir dort hinkamen. Keine Ansage, keine Anzeige. Aber wir erreichten pünktlich Weimar (um dann ab dort eine Verspätung aufzubauen).
Doch zurück zum 11.11. Ja, Fasching, davon hat die Bahn einen ganz eigenen Begriff. Anfangs alles normal: So ca. 15 Minuten Verspätung ab Mannheim, genügend Zeit zum stressfreien Umsteigen in Frankfurt-Flughafen. Noch vor der offiziellen Anzeige kommt allerdings eine Durchsage, dass der Zug von und nach Dresden heute auf Bahnsteig 2 wohnen wird - wir bitten um ihr Verständnis.
Warum auch nicht. Allerdings ... der Fernbahnhof hat nur die Bahnsteige 4-7. Da heißt es hinter zum Flughafen gehen, recht lang, zum Glück gibt es ein Laufband in der Mitte. Rolltreppe hinunter, hinaus in den Regen (ständig auf Schildersuche, nicht so einfach), hinein in die nächste Tür, noch eine Rolltreppe hinunter ... wohin, ja, wieder links, noch eine Rolltreppe hinunter ... nach fast zwei vollen Drehungen um die eigene Achse ist man im S-Bahn-Tunnel. Tatsächlich, ein ICE 17:50 nach Frankfurt-Flughafen und ein ICE nach Dresden sind angekündigt. Aber der Dresdner wird mit einer Verspätung von 160 Minuten ausgewiesen! Das kann wohl doch nicht sein. Ein Bahnangestellter sagte, es wären nur 15.
Die Verspätungsanzeige lieferte in der folgenden Viertelstunde nie zuvor Gesehenes: 160 Minuten - 30 Minuten - 15 Minuten (inzwischen fällt gegenüber der Zug nach Wiesbaden wegen Triebwerksschaden aus) - 5 Minuten - GAR KEINE VERSPÄTUNG - 70 Minuten - 15 Minuten. Dabei blieb es. Was wuchs, war die Zahl der Leute auf dem Bahnsteig: Offenbar hatten nun viele auch hierher gefunden. Handys hatten Hochkonjunktur. Nur auf den Gleisen herrschte Leere. Der Zug nach Frankfurt-Airport wurde mit 30 Minuten Verspätung angezeigt. Das war eine bemerkenswerte Leistung, denn wir waren ja bereits in Frankfurt-Airport.
30 Minuten nach der versprochenen Ankunft kam dann auch der nasse ICE. Bis auf die verpassten Anschlüsse unterwegs (für mich unkritisch) und ein leichtes Anwachsen der Verspätung, einen verhaltensgestörten jungen Nachbarn bis Naumburg und die angekündigte (aber in der Zugdurchsage nicht erwähnte) Umleitung in Dresden war trotzdem alles bestens. Kein Grund zum Meckern.
Erfahrene Bahnfahrer wissen sofort, um welche Adventsüberraschung es sich handelt - SCHNEE, das weiße Katastrophenpulver, das schon einst die Deutsche Reichsbahn ins Schleudern brachte. Aber noch lange nicht so wie die Deutsche Bahn. Wozu noch Terrorismus, wenn wir den Winter umsonst bekommen?
Bisher lief es leidlich - Verspätungen bis 10 Minuten oder etwas mehr, fehlende Wagen und Zugteile und falsche Wagenreihungen sind für mich kein Thema mehr. Mit dem nahenden Winter legte man zu.
Von vier Bahnreisen in den letzten zwei Wochen waren drei Abenteuer. Die ersten beiden Abenteuer noch ganz ohne Schnee: Triebwerkschaden bis Frankfurt ab Dresden, dadurch verminderte Geschwindigkeit. Ich hätte nie per S-Bahn den Anschluss nach Heidelberg erwischt, doch der ICE schaffte es nicht mehr bis Flughafen und landete gleich in Frankfurt-Hauptbahnhof, wo ich bequem umsteigen konnte. Fein. Nur die Aufregung und die Ungewissheit ... In der nächsten Woche wieder 20 Minuten Verspätung in Frankfurt. Die angesagte S-Bahn fuhr viel später zum Hbf, der Heidelberger Zug hätte bereits vor 10 Minuten abfahren sollen. Fuhr er aber nicht, denn er wurde verspätet bereitgestellt. Sehr verspätet. Offenbar mangelte es an Wagen, denn man setzte sogar Interregio-Wagen ein, von denen ich gar nicht mehr wusste, dass sie noch existieren. Alles stand eng gedrängt im überhitzten Gang, und ich verzichtete darauf, für die letzte Stunde meinen reservierten Platz in Anspruch zu nehmen. Ich kam dennoch ganz gut an.
Der 2.12.2010 stand schon einen Tag vorher im Zeichen der Katastrophe, denn es hatte geschneit. Leipzig wurde von ICEs wegen Weichenstörungen gar nicht mehr angefahren. Am Vortag mussten 200 Fahrgäste im Frankfurter Hauptbahnhof im ICE übernachten, weil dieser nicht mehr bis Dresden kam - und so weiter. Es lag zumindest in Mannheim und Frankfurt nicht viel Schnee, und so kalt war es auch nicht. Dennoch hatten in Mannheim von den 6 angezeigten ICEs alle 6 Verspätungen zwischen 20 und 100 Minuten (Tendenz steigend). Meiner nicht. Hochgefühl. Ich genoß meinen Capuccino in der Lounge und war auch nur 10 Minuten zu spät in Frankfurt-Flughafen.
In Frankfurt-Flughafen saß ich wieder in der DB-Lounge. In diese Einrichtungen durfte ich ja inzwischen hinein, denn ich hatte seit Juli schon über 2000 Euro Fahrgeld gelöhnt und war damit im Besitz der schwarzen Bahncard. 17.45 kam die Ansage, dass der Zug 18.11 nach Dresden ausfällt (der letztmögliche!). Nein, erklärte die Angestellte, der fährt ab Hauptbahnhof - nehmen Sie 18.02 die S-Bahn ab Regionalbahnhof ... der ist weit weg, siehe oben. Also losgesprintet, was das Zeug hielt. Stress pur, wieder ein Tiefpunkt. Den "Zusatzzug" nach Dresden 18.18 (diese Zeit erfuhr ich erst auf dem Hauptbahnhof) hätte ich nie geschafft, wenn er nicht auch (mindestens) 60 Minuten verspätet eintreffen würde ... Wildes Gewühle auf dem Bahnhof, wie schon in Mannheim, alles stand vor den Anzeigetafeln und telefonierte. Einer begrüßte einen Bekannten mit den Worten "Willkommen im Horror". Verschiedene Anzeigen mit verschiedenen Inhalten, ständige Änderungen, wie üblich. Ich brauchte meine Zeit, bis ich wusste, wo und wann der Zug fahren sollte. In der DB-Lounge die Auskunft, dass mein Zug pünktlich sei, das heißt wirklich nur 60 Minuten verspätet. Ich schwamm wieder obenauf.
Natürlich konnte von 60 Minuten nicht die Rede sein. Es war nicht nur alles ringsum verspätet, eigentlich fuhr kaum ein Zug (und pünktlich schon gar nicht). Zwei Regionalexpresse kamen binnen 45 Minuten auf dem Riesenbahnhof an bzw. fuhren ab, kein ICE. Nur die Menschen bewegten sich. Wir auch, denn wir wurden fix mal 11 Bahnsteige weitergeschickt. Verspätung inzwischen 80 Minuten offiziell. Willkommen in der nächsten Depression.
Die Bahn, der Fanclub der Manisch-Depressiven.
Und dann das Unglaubliche: Nur 100 Minuten später als angekündigt kam doch tatsächlich unser ICE. Galgenhumor bei den Reisenden, wie üblich. Gemeinsames Leid verbindet.
In Eisenach eine "Türstörung". Endlich mal etwas Neues. Wir amüsierten uns türisch. Nebenan eine Frage: "Gibt es Hotels in Eisenach?" Ich will meine zwei Stunden Verspätung, sonst muss ich mich mit mickrigen 12.50 Euro Entschädigung begnügen. Was soll denn da mit dem nächsten Wochenendtrip nach London werden?! Das Formular dazu hatte ich schon bekommen:
Abwechslung gab es genügend. Noch vor Naumburg hieß es "in Kürze erreichen wir Leipzig". Das ist ungefähr so, als würde man in Mainz durchsagen "bald erreichen wir Köln". In Leipzig waren wir nur reichlich 2 Stunden verspätet. Es war schon nach Mitternacht, wir mussten aber noch eine halbe Stunde auf einen Anschluss warten. Das spielte nun keine Rolle mehr.
Danach sollte es losgehen, allerdings ... der Leser möge raten, weshalb wir immer noch standen:
(a) Triebwerksschaden
(b) wetterbedingte Störung
(c) Signalstörung
(d) Stromausfall
(e) Baustelle
(f) Streckenbelegung durch andere Züge
(g) technisch bedingte Verzögerung
(h) Personen auf den Gleisen
(i) Oberleitungsschaden
Alles falsch! In Wirklichkeit: Türstörung. Es gab Szenenbeifall im Zug. Unsere Oberschaffnerin war übrigens wirklich Klasse und zeigte den nötigen Humor, der in solchen Situationen am besten hilft.
Aber kurz vor 1.00 (die neuen Fahrgäste wurden mit "guten Morgen" von der Ansage begrüßt) ging es doch noch los. Ein außerplanmäßiger Halt in Dahlen, mehrere Halte auf freier Strecke (die gibt es sowieso immer), einmal sogar 186km/h (200 hatte ich in letzter Zeit praktisch nie mehr erreicht, typisch waren 100-130 km/h und sehr unruhige Fahrt) ... ich bekam auf meinem verspätungsbedingt ausgehändigten Fahrgastrechtformular mit den 48 Fragen zwecks Entschädigung nachträglich den Zangenabdruck für "mindestens zwei Stunden Verspätung" (nun werde ich reich!) ... und schon gegen 2.00 waren wir in Dresden. Dort lag wenigstens richtig Schnee, an die 20cm, und es war kälter (-7 Grad). Eine gespenstische Ruhe lag über der Stadt. Ich lief die 20 Minuten nach Hause und war nicht mal allein.
Bei solchem Wetter ist der Zug dem Auto normalerweise haushoch überlegen, da habe ich genügend Erfahrung mit ordentlichen Wintern. Es hatte bundesweit auf Autobahnen auch richtig zugeschlagen ("Wir sind bestens auf den nächsten Winter vorbereitet, nur kommen darf er nicht."). Dank flächendeckender Einführung des ICE und Ausrottung von IR und de facto auch IC kann die Bahn nun mithalten.
Wie schrieb doch der Kommentator Jürgen Kleindienst am 2.12.10 in der DNN: Die technisch hochgezüchteten Mimosenzüge taugen vielleicht für Geschwindigkeitsrekorde, ... aber nicht für Sommer und Winter.
Wer sich mal die Kupplung zweier Züge genauer angesehen hat (auf dem Foto nicht so deutlich zu erkennen), wird das intuitiv bestätigen.
Keine Woche später erhielt ich von der Bahn einen Brief "Freuen Sie sich auf schönste Winterimpressionen!" Ob die das ernst meinen?
Ich will den Leser nicht nerven - aber mir wird überhaupt nicht langweilig beim Bahn fahren, warum sollte das Anderen nicht ebenso beim Lesen ergehen?
Man braucht nur ein wenig von dem weißen Pulver über die Landschaft zu streuen, und schon geht es los. Die 15 Minuten Verspätung in Frankfurt bei der Hinfahrt vor zwei Tagen waren offenbar zu wenig (nach Mannheim waren wir sogar pünklich - Abenteuer lohnten sich nicht für die Bahn, ich wäre so oder so ans Ziel gekommen). Also legte man nach. Das kennen wir ja.
In Mannheim heute also eine "Verzögerung aus betrieblichen Gründen" - ich muss die Begründungen mal sammeln. Nur 10 Minuten zu spät angesagt (das darf man nie glauben), aber ich hatte in Frankfurt nur 20 zum Umsteigen. Also in den ICE auf dem Gleis gegenüber gesprungen, der sollte eher da sein. Inzwischen kam "mein" ICE, doch der wartete brav, bis wir losfuhren. Prima!
Im Zug die Ansage, dass mein Anschluss heute statt 17.20 erst 17.44 fahren wird (nicht etwa 17.45). Fein, da gibt es keine Rennerei. 24 Minuten Verspätung: Was ist das schon. In Frankfurt laut Ansage 30 Minuten, laut Anzeige bereits 35. Macht nichts. Müsste in Kürze kommen, deswegen sieht mich heute die Frankfurter DB Lounge nicht.
Wieder mal wird eine Zughälfte fehlen (Wagen 31-38). Ich bin im Wagen 22. Juchhu!
40 Minuten. Wird wohl das übliche Spiel. Aber der Zug wird bereits auf dem Bahnsteig angezeigt. Alles strömt hin. Als wir dort stehen, springt die Anzeige auf München um. Zurück. Inzwischen habe ich herausgefunden, dass es im Servicecenter warm ist. Andere auch. Wir drängeln uns vor den aufgestellten Heizlüftern (ist die Heizung ausgefallen?). 60 Minuten. 70 Minuten. Kostenlos Kaffee trinken in der Lounge is nich, der Zug könnte ja kommen. Einer maliziöser Trick der Bahn. So spart man.
Ich kaufe mir beim Chinesen ein ultrablödes Schweinchen, das dank Solarenergie ständig wackelt, damit ich auch nach den zu erwartenden Abenteuern etwas habe, an dem ich mich hochziehen kann:
Erneut wird Dresden angezeigt. Erneutes Stürmen, erneuter Bluff, abermals Rückzug ins Warme. Dritter Versuch. Diesmal werden wir nur zum gegenüberliegenden Bahnsteig geschickt, und dann geschieht das Wunder: Der Zug kommt. Damit die Freude nicht zu groß wird, greift die Bahn zu einem alten Trick: Die Ansage verkündet, dass die Wagen in UMGEKEHRTER Reihenfolge einfahren. Ich als dickfelliger Bahnkunde falle darauf nicht mehr herein und bleibe stehen: Natürlich sind gerade heute die Wagen in RICHTIGER Reihenfolge. Wie sagte doch ein Schachspieler: "Verkehrte Wagenreihung bei der Bahn. Die Bahn spielt Rochade; egal welchen Zug wir voraussehen, der Bahn wird es gelingen, doch etwas anderes zu spielen."
Wir sitzen im Warmen. Natürlich gibt es Gedränge, fehlt doch ein halber Zug. Und die Toiletten sind verstopft. Noch kann man sie benutzen. Appetitlich ist es nicht mehr, nur geht man ja auch nicht zum Essen dorthin. Und die Reservierungsanzeigen sind wie so oft ausgefallen. Als Informatiker ist mir die Ursache klar:
Vielleicht ist Pulverschnee ins Diskettenlaufwerk geweht worden.
Der Zug fährt los und jault beunruhigend. Wenn das mal gut geht.
In Fulda schon 92min Verspätung. Die Schaffnerin verteilt die berühmten Entschädigungsformulare - die neuen, mit weniger Fragen. Abgestempelt nur für 60 Minuten Verspätung. Wir werden die Zwei-Stunden-Schallmauer wohl noch schaffen, da gibt es maximale Entschädigung (die Schaffnerin: "Kein Problem, ich habe noch genügend Stempelfarbe in meiner Zange!").
Plötzlich die ultimative Durchsage: Die funktionierende Toilette befindet sich in Wagen 24. Gleich hin - stimmt! Jaaa ... und es gibt ein Freigetränk (nein, nicht auf der Toilette)! Brauche ich aber nicht, das habe ich selbst. Doch wie üblich: Wenn es Freigetränke gibt, sind zumindest fast alle Toiletten gesperrt. Ach ja, eine ganze Reihe von Türen ist zugefroren und nicht mehr benutzbar. Wie war das doch mit den Mimosenzügen weiter oben? Aber festgefrorene Türen können während der Fahrt wenigstens nicht abfallen, so wie bei Tempo 300 im Tunnel geschehen.
In Leipzig werden wir geklont. Gegenüber steht ein gleichlanger Zug mit gleichen Wagen- und Zugnummern, und nach kurzer Zeit sitzen sogar die gleichen Leute drin. Ja, es sind sogar die Toiletten geklont, also auch defekt! OK, in Wagen 24 war ich nicht.
Wie schon im alten Zug ist die Gesellschaft ausgesprochen lustig und informativ. Mein Gegenüber warnt sofort: "Bloß kein Freigetränk bestellen!" Am Bistro war nämlich unmittelbar nach der Durchsage zu. Im neuen Zug wird es dann doch etwas, aber es darf kein Bier sein. Es soll eine extrem mufflige Bedienung sein, die einem explodierenden Kunden hintermuffelt: "Soll er das nächste Mal mit dem Fahrrad kommen, da hat er seine Abkühlung!". Mein Gegenüber erzählt, dass es für 5 Euro eine Boulette und ein Getränk gäbe. Das musste aber ein Zapfgetränk sein, und er wollte nur die Boulette. Die kostete aber auch 5 Euro (na, da hätte ich aber das Getränk genommen!). Ein Geschäftsmann mit Schlips bekam die Boulette und ein Bier (!) für 5.70. Er meinte zu meinem Gegenüber: "Ich borge Ihnen auch meinen Schlips."
Was soll ich sagen - wir erreichten angeblich sogar 200km/h und waren viel zu früh in Dresden Neustadt, nur 101 Minuten verspätet:
In Dresden liegt so viel Schnee wie seit Jahren nicht mehr. So viel braucht die Bahn doch gar nicht.
Nach den letzten Erlebnissen kapitulierte ich erst einmal und stieg auf Heimarbeit um. Es tat mir gut.
Nun übernehme ich das sibirische System: Dort geht man auf den Bahnhof und wartet, bis ein Zug fährt. Hier ist das etwas anders, aber ähnlich: Ich reserviere zwar nach wie vor meinen Platz, doch nach nur wenig verspäteter Ankunft in Frankfurt fahre ich eben mit dem ersten verspäteten Vorgänger meines Anschlusses weiter. Die S-Bahn ab Mannheim verkehrt dann sowieso verlässlicher. Die Hinreise verlief damit beunruhigend problemlos, wenn auch (natürlich) nicht planmäßig. Damit bin ich schwerer auszutricksen, denn irgendwie sollte ich doch immer nach Mannheim oder Heidelberg weiterkommen. Dass am 3.1. "Enkelfrückführungstag" und der Großraumwagen voll mit extremem Kinderlärm war, kann man der Bahn kaum anlasten - OK, ich weiß jetzt, warum früher alle Langstreckenwagen Abteile hatten.
Zurück lief es analog. Ich setzte diesmal meine Karte auf Heidelberg und fuhr mit dem 30 Minuten verspäteten Vorgänger nach Frankfurt. Da diese Züge stündlich verkehren, bräuchte die Bahn schon so etwas wie eine entgleiste Schneefräse nebst fehlenden Bussen für den Ersatzverkehr (so geschehen auf der Wintersportlinie nach Altenberg), um mich in ernsthafte Schwierigkeiten zu bringen.
In Frankfurt eine ziemlich leere Lounge, ich genieße zwei Capuccinos. Der Zug nach Dresden kommt pünktlich. Au weia, das heißt nie Gutes. Schon folgt die Ansage: Wir fahren einige Minuten später los wegen zu starker Streckenbelegung. Sprach's, und keine 15 Sekunden danach ruckte der Zug an. DIESEN neuen Trick der Bahn lasse ich mir gefallen. Gut, es fehlten die Wagen 31-38, aber die fehlen doch sowieso dauernd, und es war nicht voll. Ich genoss herrliche Aussichten und Ruhe, die erst gegen Ende durch einen unglaublich laut, lange und sehr schräg diskutierenden Russen getrübt wurde, der wohl bisher wenig von Rücksicht gehört hatte oder aber etwas überrege-angetütert war.
Das wegen technischen Defekts stark eingeschränkte Angebot des Boardrestaurants (vgl. folgender Link) interessierte mich nicht. Ich hatte bis Erfurt einen interessanten Gesprächspartner. Die gesamte Fahrt über betrugen die Verspätungen nur unglaubliche 3-4 Minuten. Das war fast Schweizer Niveau und dürfte das erste Mal von bald 100 Fahrten der Fall gewesen sein.
Ein Plausch mit einer Schaffnerin erhellte mir den bemerkenswerten Bericht in der "Welt" über Internas der Bahn: Warum die mobilen Terminals so oft abstürzen. Die funktionierten anfangs ganz prima mit der Software, mit der sie auf einer Messe vorgestellt wurden. Aber der Servicevertrag war der Bahn zu teuer. Also schrieb eigene Software ... BAHN = Binärer Ausfall zu Horrenden Nebenkosten ...
Die Bahn war wochenlang fast täglich unter den Top 5 in den Nachrichten mit ihren Negativschlagzeilen. Es half: Der Schnee schmolz weg. Bei der Hinfahrt am 11.1. waren beide ICEs nacheinander pünktlich (der erste 2 Minuten zu früh da, der zweite 2 Minuten zu spät). Da im Dezember nur 20% der Züge pünktlich gewesen sein sollen, wäre meine Hinfahrt somit ein Ereignis mit einer Wahrscheinlichkeit von 4% gewesen - bei Schnee. Es war langweilig. Das heißt, nicht ganz: Vor Naumburg fuhren wir wie auf dem Rügendamm lange durch einen riesigen See, so groß waren die Überschwemmungen (viele 100m breit).
Auch die Rückfahrt begann total langweilig: Der IC nach Frankfurt kam pünktlich in Heidelberg an. Allerdings wurde 2 Minuten vor Abfahrt im Zug durchgesagt, dass er eine andere Strecke fahren muss. Ein Güterzug bei Weinheim oder Bergheim hatte Benzin verloren, wie ich später erfuhr. OK, das kann man der Bahn nicht anlasten. Nur die Fahrgäste, die plötzlich ganz hektisch ihre Sachen packten und aus dem Wagen sprangen, waren anderer Meinung. Sage nie einer, er kenne die Bahn.
Die Verspätung stieg schrittweise auf 20 Minuten - kein Problem.
Aber nun kam etwas neues: Die Reisenden nach Dresden bitte schon 15.13 weiterfahren nach Kassel und dort nach Dresden umsteigen! Das wurde mehrfach im Zug durchgesagt. Ich war lange nicht mehr in Kassel.
In Frankfurt noch eine Überraschung: Die Türen öffneten sich ca. 5 Minuten lang nicht. Das sollte jemand merken, bevor der Zug weiterfährt - ich wollte heute eigentlich nicht nach Hamburg. Kassel reicht doch schon.
Endlich Frischluft, ich stürze zur Anzeige: Nein, der Zug nach Dresden steht dran! Schnell zur Information, äh zum Service Point. Die junge Dame servicte eine ganze Weile vor sich hin und meinte dann, ihr wäre nichts von Störungen bekannt.
Gratulation, Deutsche Bahn, das war doch mal ein netter Einfall!
Das übliche Spiel mit dem von-Bahnsteig-zu-Bahnsteig-Hin-und-Her-Schicken, viele Ansagen, eine Zughälfte fehlte wie üblich (ich denke schon, mindestens ein Zug der vier pro Woche ist halbiert) - aber der Zug kam und fuhr nur wenig verspätet. Hm, auch bei Fulda riesige Seen mit einem ICE drin. Wir blieben aber wegen Signalstörung stehen. Wie einfallslos. Schienenerweichung oder Antriebsschwäche wären doch mal was Neues.
Nein, bis auf weitere endlose Überschwemmungslandschaften nichts Spektakuläres mehr bis Dresden. Mit 20 Minuten Verspätung lockt man doch heute keinen mehr hinter der Sitzheizung hervor.
Da ich in letzter Zeit mehrfach eine völlig neue Ansage hörte: "Wir erreichen alle vorgesehenen Anschlusszüge", war klar, dass die nächste Katastrophe im Anmarsch ist. Aber sie misslang völlig, aus Sicht der Bahn.
Mein ICE blieb gleich nach 50km in Riesa hängen. Durchsage: "Wir müssen den Zug evakuieren" (das kenne ich aber spannender!) und "gegenüber auf dem Gleis fährt in 5 Minuten der Zug nach Hannover, dort kommen sie weiter nach Leipzig." Schön, ich wollte aber noch etwas weiter und sah mich erst deutlich nach Mitternacht (wenn überhaupt) bei Heidelberg. Mein Gegenüber schimpfte: "Sowas gibt es doch jedes zweite Mal mit der Bahn!" Da tut er ihr aber Unrecht. Höchstens jedes vierte Mal ein Triebwerksschaden, vermutlich sogar seltener. Ansonsten eher Signalstörungen, Schienenerweichung ... s.o.
Ich war einer der ganz Wenigen, die vom Schaffner eine Bescheinigung erhielten, dass ich die Fahrkarte nur bis Riesa nutzte (hoffentlich wird das in 14 Tagen anerkannt) - da fuhr gegenüber schon eine Bahn zurück nach Dresden ein. Schaffner war nicht zu finden, kam dann aber irgendwie doch ... UND: Erließ mir die Fahrkarte, weil ICE-Opfer! Ja, das nennen ich kulant. Damit er keine Nachteile bekommt, lasse ich das Datum in der Überschrift weg.
Also Heimarbeit, wie entspannend. Na gut, nicht ganz: In Dresden gingen wieder einmal die Türen nicht auf. Aber der Schaffner war ja da und schlug Alarm.
Bis auf die 100% Rabatt zum Schluss alles ganz normal. Laut Spiegel oder DNN hatten allein im Frankfurter Hauptbahnhof im Dezember vorigen Jahres 400 Züge Verspätung oder Ausfall wegen Triebwerksschaden.
Diese Woche zitterte ich, denn die Lokführer streikten schon zum zweiten Mal. Beim letzten Mal kam ich mit einem blauen Auge davon, heute sollte bis 10.00 alles lahm liegen - und das tat es auch.
Dennoch ging es wieder glimpflich für mich ab. Mein Freund Martin fuhr mich wieder per Auto bis Darmstadt, und dort nahm ich vorsichtshalber die S-Bahn nach Frankfurt statt des leicht verspäteten ICs. In Langen sah ich auf dem Bahnsteig die Anzeige:
*** S4 um 6.25 nach Langen etwa 480 Minuten verspätet ***
Es war gerade 14.25 Uhr. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das ernst gemeint war.
Mein ICE nach Dresden fiel aus, dafür gab es einen Ersatz-IC mit den alten Interregio-Wagen. Die waren zwar lauter und ruckliger als der ICE und hatten auch keine Steckdosen (ich konnte dennoch arbeiten im Zug), aber die Überraschung: Dieser "Steinzeitzug" war genau so fix in Dresden wie der superhochmoderne ICE.
Ohne Kommentar.
Monate, wirklich Monate konnte ich nichts schreiben, weil einfach nichts los war. Anscheinend hatte das Bahn-Bashing tatsächlich geholfen. So fuhren wir Anfang Juli nach Garmisch und zurück mit sechs Zügen (davon vier ICEs) hintereinander ohne jede Verspätung, ein Ereignis, das 2010 noch fast die Wahrscheinlichkeit Null hatte. OK, Regionalbahn ist in Sachsen klimatisiert, von München nach Garmisch nicht. Macht sich nicht so toll bei drückend schwüler Hitze und gut vorgeheiztem Zug.
Zu meinem Geburtstag musste sich Murphy (der Geist von Mehdorn) aber etwas einfallen lassen! Nicht ganz so aufregend, doch es zeigt, dass man bei aller Erfahrung unmöglich ahnen kann, was die Bahn als nächstes macht - man kennt niemals alle Tricks.
Von Heidelberg erwischte ich unerwartet einen Zug eher, sogar einen IC mit alten Interrregio-Wagen. Die Lounge in Frankfurt war recht leer, generell schien die ganze Welt im Urlaub zu sein (Griechenland??).
Der Zug nach Dresden heute auf Bahnsteig 8 gegenüber. Kein Problem.
Etwas später: Und geänderte Wagenreihung. Kennen wir. Ich ging nach
vorn.
Und: 5 Minuten später. Das stimmte ja seit Frühjahr sogar.
Wie üblich in Frankfurt praktisch pausenlos Ansagen (das Personal wird nach gesprochenen Wörtern bezahlt, ähnlich wie die Bistro-Ansage im ICE): Der ICE 1653 nach Dresden heute auf dem Bahnsteig gegenüber. Ladies and Gentleman, the Aye See Eeea 1653 today from platform 8 just in the opposite. We apologize for the inconvenience. Achtung, geänderte Wagenreihenfolge. Attention, in reverse order today (beachte: engl. reverse = geändert!). Die Wagen der ersten Klasse ... Bitte lassen Sie Ihr Gepäck nicht unbeaufsichtigt. Please don't let your luggage unattended. Und so weiter. Man gewöhnt sich daran nach 100 Reisen.
Auf Bahnsteig 8 fuhr aber erst einmal der ICE nach Berlin ein. Bei Einfahrt kippte die Anzeige von "Berlin" nach "Dresden". So hatte ich zwei identische Züge nach Dresden in der Vorschau:
Der Witz war aber, dass beim Berliner ICE die Elektronik wieder einmal ausgefallen war und daher an den Wagen kein Fahrziel stand.
Wer nicht kommt zur rechten Zeit, fährt, wohin die Bahn ihn treibt.
Einige kamen unsicher lachend wieder heraus, anscheinend waren sie vorher eingestiegen.
Der Ansagen-Großalarm verdichtete sich zu einer Wagenreihungsbeschreibungsorgie in Deutsch und Englisch. Englischkenntnise waren nützlich, Deutsch war Pflicht. Oh, Wagen der 20er Reihe (da sitze ich) in Abschnitten D(E?) und F. Das ist ja ganz weit draußen. Nicht nur ich fange an, nach vorn zu rennen.
Der Zug kommt. Was steht an der Seite dran? Wagen 21, 22 ... Nicht nur ich renne wieder zurück. Diesmal wird es weit - aber da ist schon das Zugende? Keine 30er Wagen? Durchsage: Der zweite Zugteil wird in Kürze bereitgestellt. Nicht nur ich renne abermals nach draußen. Das mit den angezeigten 20er Nummern war wohl der Finanzkrise und dem Tod von Amy Winehouse geschuldet.
Sieh an, Teil 2 kommt, natürlich in richtiger und NICHT in umgekehrter Reihenfolge. Ich stand aber ohnehin mehr in der Mitte und hatte meine Tür vor der Nase.
Pünktlich 10 Minuten später losgefahren, Heimfahrt ohne Probleme: Kein Lokführer wurde vom Notarztwagen wegen Hexenschuss abgeholt, wie die Nachbarin in der Lounge ihrem Gegenüber erzählte (Ersatz musste damals per Taxi von Magdeburg beschafft werden - klar braucht man Autos, um den Zugverkehr am Laufen zu halten ...).
Man muss nur flexibel genug sein, dann läuft es.
Letzte Woche kippte das Projekt bei Heidelberg binnen 15 Minuten von "wie geht es weiter?" nach "alle Externen so schnell wie möglich 'raus, Geld ist alle" - eine nicht ganz unerwartete Wende, nur plötzlicher als gedacht und mit seltsamer Begründung. Sei es wie es sei, die Zeiten intensivster ICE-Nutzung neigen sich nun jedenfalls unerwartet rasch dem Ende zu. Und es ist höchste Eisenbahn, im wörtlichen Sinne. Denn es geht wieder los.
Mein erster Gedanke bei der Verkündung des Exitus war: "Wie bekomme ich mein altes Rennrad wieder nach Dresden?" Voriges Jahr ging das nur mit Glück über eine Mitfahrgelegenheit (ich selbst fahre nicht Auto), denn ICEs nehmen keine Fahrräder mit. Die einzige Verbindung nach Heidelberg mit Fahrradtransport führte über Hannover mit 7mal Umsteigen in 11 Stunden. Man kam also praktisch mit der Wahrscheinlichkeit Null ans Ziel.
Doch es hat sich gebessert. IC's (nicht alle) nehmen in einem halben Wagen Räder (in der Regel nach Vorbestellung) mit. Ein IC fährt von Heidelberg nach Frankfurt, dann mit der S-Bahn nach Frankfurt-Süd und von dort per IC nach Leipzig. Ab Leipzig gibt es (inzwischen wieder) regelmäßige Regionalexpresse nach Dresden, im Unterschied zu München-Garmisch gut klimatisierte Doppelstockwagen mit vielen Fahrradabteilen, die auch heftig genutzt werden.
Also mit Riesenrucksack (Notebooks sind auch heute noch schwer, wenn sie zum Arbeiten und nicht zum Filme schauen dienen :-) bis Heidelberg geradelt und auf den IC gewartet. Klimaanlage in Wagen 9 ausgefallen, steht auf der Anzeige. Ich sitze ganz vorn im Wagen 5, ich werde ein gut gekühltes Rad haben, denn es ist schon wieder schwülwarm.
Was nicht auf der Anzeige stand: Wagenreihung umgekehrt. Auch ein IC ist ganz schön lang, wenn man ihn mit großem Rucksack und Rad in voller Länge abrennen muss. Aber ich darf nicht meckern, schließlich habe ich ein RENNrad.
Ansonsten sehr leer, kühl, alles bestens. Die S-Bahn in Frankfurt funktioniert wie immer. Frankfurt-Süd ist aber so wie Frankfurt-Fluch-Hafen ein katastrophenfreundlicher Bahnhof, und so waren für meinen Zug gleich mal 20 Minuten Verspätung angezeigt. Und für die anderen Fernzüge auch. Oder mehr. Unwetter, hieß es; später erfuhr ich, dass wieder einmal Zweige auf den Gleisen lagen. Möglicherweise waren die Unwetter wirklich sehr heftig, denn in Leipzig zählte man letzte Nacht 1800 Blitze in einer halben Stunde (in der Dübener Heide nördlich davon sogar schlappe 3000), Hagelkörner bis 6cm Durchmesser wurden heute abend im Fernsehen präsentiert. Also schimpfe ich mal lieber nicht auf die Bahn, die die Bäume an der Strecke nicht in Schuss hält. Wobei die Schweiz dazu bestimmt eine andere Meinung hat.
Der Zug gegenüber fährt 40min zu spät ein, auf seiner Anzeigetafel stehen immer noch 20min. Nun weiß ich auch die "20" auf meinem Bahnsteig zu interpretieren.
Richtig, es werden 50 Minuten Verspätung. Die Bahn zieht wieder eine Trickkarte: Die Wagenreihung ist diesmal richtig. Aber ich als alter Bahner stand natürlich schon an der richtigen Ecke, denn den gleichen Trick versucht die Bahn am gleichen Tag nicht zweimal. Nur fährt mein Zug aus der falschen Richtung ein. Schon vorher stiegen Leute aus einem ICE aus, den es überhaupt nicht gab und der auch gar nicht angezeigt wurde. Die Strecke zum Fluchhafen war wohl gesperrt. Ich traf im Tagesverlauf noch allerhand "Zug-Leichen", die irgendwie versuchten, an ihr Ziel zu kommen. Ein lokales Unwetter hatte offenbar Auswirkungen auf ein riesiges Gebiet.
Der IC nach Leipzig führte die alten Interregiowagen, und diese besitzen keine Steckdosen. Ich musste also ständig an den Notebook-Stromverbrauch beim Arbeiten denken und schaffte dennoch genügend.
45 Minuten Verspätung noch in Erfurt. Das bleibt normalerweise so oder wird noch mehr. 45 Minuten Umsteigezeit in Leipzig wären dahingeschmolzen. Ohne großen Rucksack könnte ich die letzten 120km mit dem Rad heimfahren ...
Aber wir haben am Ziel nur 30 Minuten "Zeitaufschlag" (ja, diesen Begriff hörte ich auch schon), trotz häufiger Halte auf freier Strecke. Der Regionalexpress fährt pünktlich. Ich bin fast auf die Minute genau in Dresden.
Wie heißt es doch sinngemäß: Bahnfahren ist ein ergebnisorientiertes Spiel, nur was hinten 'rauskommt, zählt. Fehlentscheidungen des Schiedsrichters äh Disponenten müssen erst einmal akzeptiert werden. Meckern kann man hinterher.
Was soll das Gemeckere. Ich bin heil angekommen, und das Rennrad auch. Dabei hatte ich solche Angst vor dem Tag ...
Nun noch eine Reise nächste Woche, dann ist Schluss. Wenn hier nichts mehr erscheint, dann ist es gut gegangen!
Ja, es ist so gut wie gut gegangen. Obwohl ich noch bei der letzten Hinreise eine neue Bahnvokabel lernte: Wenn auf der Bahnsteiganzeige statt "voraussichtlich 10 Minuten verspätet" oder Ähnlichem die neuartige Mitteilung "Hinweise hier eintragen" rollt, dann ist das mit "heute umgekehrte Wagenreihung" zu übersetzen. Natürlich stand ich wieder mal am falschen Ende. So geschehen am 30.8.11 auf dem Bahnhof Dresden-Neustadt.
Kein Grund zum Jammern. Der Sohn unserer Chefin erwischte in Mannheim gerade noch seine S-Bahn, sprang hinein, die Türen gingen zu, und los fuhr der Zug. Dann hielt er auf freier Strecke und fuhr nicht mehr weiter. Bis dem 16jährigen auffiel, dass rechts und links sehr viele Gleise waren und die S-Bahn auch fast leer war: Abstellgleis, der Zug fuhr nirgendwohin; man hatte nur vergessen, die Anzeige am Bahnsteig abzuschalten. Dank Handy konnte er seine Mutter anrufen, diese den Bahnhof, und die Bahnpolizei holte ihn dort wieder heraus. Die anderen paar Leute auch gleich mit ...
Da mich ein Freund gleich in Mannheim abholte und beide ICEs pünktlich waren, kam ich schon nach 6.5 Stunden von der Haustür zum Hotel. Schneller ist es mit dem Auto auch nicht - aber ich hatte es ungleich bequemer. Und ich schaffte noch eine kritische Aufgabe, die ich unbedingt am Folgetag gelöst haben musste.
Auch die Rückreise verlief komplett ohne Probleme. Die Bahn will offenbar einen guten Eindruck hinterlassen - als ob sie wüsste, dass jetzt Schluss ist (falls sie hier mitliest, ist das nicht einmal graue Theorie :-). Ich zähle nicht nach, aber es waren locker 200 ICE-Fahrten in 14 Monaten. Maximal drei Fernreisen habe ich noch dieses Jahr. Ich werde die Entwicklung verfolgen.
Nach langer Zeit wieder eine größere Reise: Dresden-München war eigentlich nie ein Problem, aber nachdem die Buslinie Berlinienexpress auf unakzeptable Abfahrtszeiten umstellte (sie ist nämlich eine Bahn-Tochter), muss wieder einmal das Schieneneisen herhalten. Die Bahncard will ja auch genutzt werden.
Die Wagenanzeige beim Start stimmt nicht, Rennen durch den Gegenverkehr, nichts Neues. In Leipzig umsteigen; 15 Minuten Verspätung bei einem anderen Zug werden als 5 Minuten angezeigt - das kennen wir ja auch.
Mein Zug kommt und fährt leicht verspätet, fängt aber vor Naumburg an zu bummeln und bleibt stehen. Endlich Einfahrt in Naumburg, langes Warten. Durchsage sinngemäß: "Eine besondere Durchsage. Fahrgäste, die keine Sitzplatzreservierung haben, steigen bitte aus, es gibt Kulanzgutscheine. Wenn wir unsere Fahrgastzahl nicht reduzieren, müssen wir aus Sicherheitsgründen hier in Naumburg bleiben." Nicht lustig, ich halte ab morgen einen Lehrgang und muss heute noch irgendwie bis München kommen.
Eine Frau gegenüber befragt nach der dritten solchen Durchsage (die schon ziemlich unfreundlich ist) ihr Smartphone und meint: "Kein schlechter Vorschlag - in reichlich 10 Minuten fährt ein Regionalzug nach Jena." Und viele wollen nach Jena. Es steigen hinreichend viele Leute aus. Man hätte die Verbindung ja durchsagen können ... aber irgendwie ging da gar nichts. Fahrkartenkontrolle gab es auch keine.
In unserem Wagen ist es friedlich, woanders sind sogar noch Plätze frei. Weiter vorn sollen die Leute auf dem Fußboden gesessen haben. Doch das gab es schon immer, und der Zug ist dennoch gefahren. Mir ist unklar, wie wir überhaupt bis vor Naumburg kamen, denn es gab ja keinen Halt seit Leipzig :-)
In Jena wurde zur gleichen Zeit als Begründung "Zug auf gleicher Strecke vorher" angegeben, die sich später zu "Störungen im technischen Betriebsablauf" wandelten. Nichts neues.
Satte 30 Minuten Verspätung hat uns das eingebracht. Und in München dann ... nur 12 Minuten! Das ist was neues!
Es gibt keine normale Bahnfahrt. Der ICE von München nach Nürnberg bleibt im Dunkeln vor Nürnberg hängen "wegen eines verspäteten vorangegangenen Zugs". Kein Panik. Ich habe 18 Minuten zum Umsteigen. Der Regionalzug verwandelt sich auf wundersame Weise in eine technische Störung, wie die Zugführerin vom Lokführer erfährt - Halt auf unbestimmte Zeit. Habe eigentlich keine Lust auf Übernachtung in Nürnberg.
Die Störung wird diesmal behoben und hat doch etwas Gutes: Fast hätte ich meine Verpflegung liegen lassen. Nur weil ich nochmal zum Sitz ging, wies mich mein Nachbar darauf hin.
Aber offizielle 20 Minuten Verspätung (de facto mehr) reichten, um den Anschluss nach Dresden zu verpassen. Ich ziehe eine Nummer im Reisezentrum und erfahre, dass in 45 Minuten ein IRE (den gibt's noch?) nach Chemnitz fährt und ich Mitternacht (2 Stunden später) in Dresden sein könnte. Prima, da muss ich nicht mit dem Rumpelexpress fahren, eine der größten Zumutungen der Bahn derzeit.
Denkste. Nach diversem Chaos am Bahnsteig (was ist denn nun unser Zug, was ist der vordere Zugteil ... diese Anzeige erlischt dann aber) stürzen wir in den berüchtigten Sachsen-Franken-Express, dem wohl lautesten, unruhigsten und engsten Zug derzeit. Nur zwei Wagen, voll, aber ich habe einen Platz. Nach 50min eine Ansage, die sich für den fehlenden zweiten Zugteil entschuldigt ...
In Bayreuth wird der Zug leer, und ab Hof (Zonenrandgebiet!) kann man nur noch von Restbevölkerung sprechen ... Warum aber muss dort der Zug 20 Minuten ständig wie ein großer Schiffsdiesel dröhnen?? Dafür ein sehr netter Schaffner, der mich in Zwickau umsteigen lassen will, damit ich mir den Bahnhof Chemnitz nicht antun muss und vor allem in einem anständigen Doppelstockwagen sitzen kann :-) Das ist doch Service.
Zu früh gefreut. In Zwickau schon wieder fast 20 Minuten Verspätung, und von der Bahn nach Dresden am Gleis gegenüber, die gleich fahren müsste, ist nichts zu sehen (vom Schaffner auch nicht). Wir stürmen hektisch wieder in den Zug. Also doch Chemnitz. - Es wäre der Bahnsteig auf der anderen Seite gewesen, aber da wäre uns die Bahn möglicherweise vor der Nase weggefahren. Bloß kein Risiko.
In Glauchau warten wir ewig, als plötzlich eine S-Bahn zwei Gleise weiter einfährt. Es gibt in Glauchau aber keine Anzeige auf den Bahnsteigen (das heißt, schon, aber dort läuft nur die Zeit auf dem Display, kein Zuganzeige). Hektik, ich getrau' mich nicht, hinauszuspringen - da fährt die S-Bahn ein Stück weiter und hält wieder. Unser Zug startet: Hm, wäre die falsche gewesen, die endet in Glauchau.
Kurz vor Chemnitz steht als Fahrtziel plötzlich "Buxtehude" auf der Leuchtzeile. Tag der Bahnscherze. Halbwegs pünktlich?? Stimme die Zeit des Schaffners nicht, oder Wartezeiten ausgelassen?
Also Warten im tollen Chemnitzer Hbf.:
(miserables Handyfoto, dadurch realistisch)
Die Weiterfahrt nach Dresden wird kurz angezeigt, dann gleich durch eine leere ersetzt. 4 Minuten vor Abfahrt endlich "Dresden" auf der Tafel. 2 Minuten vor Abfahrt "Verspätung ca. 5 Minuten". 5 Minuten nach planmäßiger Abfahrt Erhöhung auf 10 Minuten. Und dann ... man glaubt es nicht ... kam der Zug ... nur 7 Minuten zu spät in Dresden, Mitternacht.
Todesmutig steige ich in die S-Bahn nach Dresden-Neustadt. Letzte Chance für Bahnscherze. OK, falscher Bahnsteig, und im Zug auf dem Display: "Nächster Halt: Königstein (Sächsische Schweiz)". Das liegt 40km in der anderen Richtung. Nach einiger Zeit dann nächster Halt "Freiberger Straße". Das stimmt, aber nicht "noch 59 Minuten".
Allerletzte Chance für die Bahn - Durchsage kurz vor dem Bahnhof Neustadt: "Schienenersatzverkehr!" Doch ich steige aus.
In den 80ern schimpften wir pausenlos auf die DDR, dass nun überhaupt nichts mehr funktioniert, und sehnten uns nach dem Westen, wo doch alles läuft. Nun sind wir Westen, und bei der Bahn läuft noch weniger ...